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Freitag, 14. Mai 2021

Hintergrundgespräche und Moral und Ethik im journalistischen Handeln - Gedanken zu Sinn und Unsinn

 Armin Wolf beschreibt in seinem Blog recht ausführlich, was Hintergrundgespräche sind.

https://www.arminwolf.at/2020/02/06/on-the-record-off-the-record/

Journalismus lebt von Informationen, das ist klar, das ist der engere Sinn des Berufes, Informationen zu beschaffen, double-check, journalistisch aufzubereiten und zu veröffentlichen. Dabei ist für Investigativjournalismus wesentlich, die Quellen zu schützen, das Redaktionsgeheimnis zu wahren, um Skandale, Korruption aufzudecken.

Aber wie sind Hintegrundgespräche mit Politiker*innen zu bewerten. Eine kleine, handverlesene Gruppe von Journalist*innen trifft sich mit einer/m Politiker*in, erhält ausführliche Informationen über Hintergründe, Überlegungen zu Strategien und Entscheidungen dieser Person. Nach meinem Verständnis geht es dabei nicht um Skandale, Korruption in größerem oder kleinerem Ausmaß, weil solche Infos müsste doch jeder Journalist, jede Journalistin aus moralisch, ethischen Gründen in Artikeln veröffentlichen. 

Die ersten beiden Stufen der Vertraulichkeit im Blogbeitrag von Armin Wolf lassen eine Veröffentlichung der Informationen zu, je nach Stufe mit oder ohne Nennung von Namen und Funktionen. Damit sind die Bürger*innen weiterhin informiert.

Nur was ist mit jenen Informationen, die überhaupt nicht berichtet werden dürfen (off the records)? Diese sollen dem besseren Verständnis dienen? Warum sollen dann diese Informationen nicht veröffentlicht werden, wenn damit Entscheidungen, Strategien von Politiker*innen besser verstanden werden könnten? Sprechen wir nicht immer wieder von "mündigen" Bürger*innen und möglichst großer Transparenz? Es werden aber auch "unliebsame", in Ungnade gefallenen Journalisten von diesen Gespräche ausgeschlossen.

Auch Wolf bezeichnet den Umgang mit den Vertraulichkeitsstufen in Österreich als "schlampert", er zählt auch die Möglichkeit der Instrumentalsierung und andere Probleme auf. 

Eine ganz besondere Problematik ist aber auch der Umgang der Journalist*innen mit moralisch-ethischen Grundsätzen. Wenn man sich die tendeziöse Berichterstattung in - leider - sehr vielen Medien in Österreich und ihre Eigentümerverhältnisse ansieht, wird hier ein sehr problematischer Bereich eröffnet. Ein theoretisch  hoher Anspruch an journalistische Grundsätze, Werte und moralisch-ethische Standards wird in der tatsächlichen Berichterstattung, ganz besonders in Österreich, oft nicht erreicht.

 Einzelne Reichweiten starke Journalst*innen, aber auch Chefredaktionen können sehr klar bestimmten politischen Lagern zugeordnet werden. Was sich dann aber auch bei Inseratenaufkommen und Presseförderung widerspiegelt. So manch kritisches Medium wird dann einfach weniger Inserate bekommen oder von der politisch instrumentalisierten Presseförderung über die konstruierten Förderkriterien ausgeschlossen. 

Hier kommen wir zur Schnittstellen von existenzieller Betroffenheit der Journalist*innen. Gerade Journalist*innen am Beginn ihrer Laufbahn oder ohne existentielle Absicherung, können hier in schwere innere Konflikte geraten. Das ist natürlich sehr verständlich.

Nur wie ist es mit jenen arivierten Journalist*innen, die materiell in ihrer Existenz längst abgesichert sind? Ist ihr Schweigen beispielsweise bei sexistischen Übergriffen mächtiger Männer nicht sehr aussagekräftig? Schweigen sie nicht genauso, wenn sie mit politisch mächtigen Männern (dzt. sind es in Österreich fast nur Männer) zu tun haben und deren Tun kritisch journalistisch aufarbeiten müssten?

Wir haben derzeit in Österreich Politiker an der Macht, deren Grenze für ihr Handeln das Strafrecht ist. Moralisch-ethische Werte sind keine Leitlinie für ihre Entscheidungen, ihr Handeln und ihr Streben.

Wie handeln nun Journalist*innen, wenn sie bei Hintergrundgesprächen geheim zu haltende Informationen erfahren? Wenn Sie um ihre Existenz fürchten müssen, wenn sie die "schlamperten" Regeln in Österreichs journalistischen Landschaft brechen?

Die vierte Säule der Demokratie lebt in einem großen Spannungsverhältnis. Existenzielle Absicherung, Verlust von Inseraten und Presseförderung, Einflußnahme von Chefredaktionen und den Eigentümern der Medien, Ausschluß von Hintergrundgesprächen (die sowieso nur aus einem "elitären" Kreis bestehen, also auch als Statussymbol gesehen werden können).

Wir erleben es täglich im Boulevard, in den Gratiszeitungen, in Leitartikeln.  Vor Kurzem gab es einen Artikel in einer Zeitung in Österreich, in dem Journalist*innen über Anrufe einer Regierungspartei berichten, sie tun es anonym. Was sagt uns das über die Situation aus? Ist es "gefährlich" seinen Namen zu nennen, wenn darüber berichtet, wie es ist, wenn hohe Politiker*innen anrufen und man berichtet über die versuchte Einflußnahme? 

Auf der einen Seite haben wir Journalist*nnen, die zu Hintergrundgesprächen eingeladen werden (oder auch nicht). Dann gibt es die Politiker*innen, die per direkten Anruf der "message control" nachhelfen wollen. Jeweils mit allen möglichen schon beschriebenen Konsequenzen.

Das alles hat massiven Einfluss darauf, wie Politik, Politiker*innen in der Gesellschaft wahrgenommen werden. Dadurch ist auch erklärbar, wie es dazu kommen kann, dass Moral und Ethik auch in der Bevölkerung keine Maßstäbe sind, an denen sie Politiker*innen messen. Dadurch werden nun die Politiker*innen in ihrem Handeln bestätigt. Es hat keinen Einfluß auf Beliebtheitswerte und Wahlergebnisse, wie auch immer sie sich verhalten. 

Dieser massive Verfall der Werte in unserer Politik und Gesellschaft spiegelt sich auch in den Egosimen und in der Spaltung  der Gesellschaft in der Coronakrise. Soziale Werte, wie Solidarität, Rücksichtsnahme, Hilfe für Schwächere, die aber ursächlich wichtig sind für eine funktionierende Gesellschaft, werden immer unbedeutender. 

Dieser Blogeintrag sollte speziell auf die Bedeutung der Medien eingehen. Natürlich sind aber auch die individuellen Werte von Bedeutung. Aber hier sind die Verflechtungen und gegenseitigen Wirkungen so eng verwoben, dass das Eine nicht ohne dem Anderen gesehen werden kann. 

Heute habe ich nur die Rolle des Journalismus betrachtet, bald wird es aber weitere Gedanken dazu von mir geben.